Alex O`Loughlin German FanClub
  Untie these hands3
 
12. Küsse auf dem Rücksitz
"Kate!" Jackies Stimme dringt zu mir hindurch.
Doch als ich in ihre Richtung sehe, blicke ich einfach nur ins Leere. Emilio! Er hat mich gefunden. Oder nicht?
"Kate!" Jackie schüttelt mich an den Schultern. "Kate! Was ist denn los?"
Und jetzt erkenne ich sie. Jackie. Ihre grünen Augen.
Ich zucke erschrocken zusammen, als sich die Autotür öffnet. Es ist soweit. Jetzt. Der Moment, den ich so lange gefürchtet habe. Emilio wird aussteigen - und dann werde ich so enden wie Christian...
Doch was ist das denn?
Wer ist das?
Nein, das ist nicht Emilio, der da aussteigt.
Das ist... das ist...
Alex? Jackies Bruder?

"Kate?" Jackie sieht mich ganz besorgt an. "Das ist doch nur Alex. Ich hab doch gesagt, dass er uns abholen kommt."
"Alex...", forme ich tonlos mit meinem Mund seinen Namen.
"Ja, mein Bruder", nickt Jackie. "Der, bei dem du nicht atmen kannst. Weil du ja diese schlimme Allergie hast..."
Haha! Das trieft ja gerade vor Sarkasmus!
"Witzig", brumme ich sie an.
"Alles klar?" sieht Jackie mich aufmerksam an.
"Ich denke schon", sage ich leise.
"Was war denn los? Was hast du denn gedacht, wer hier steht? Ein Ex?" hakt Jackie nach.
Unweigerlich zucke ich wieder zusammen. Ein Ex. Ja, ein Ex. So in etwa. Nur wenn der mich findet, bin ich mehr EX als irgendwer sonst.

"Können wir?" fragt Jackie.
Ich sehe zu Alex, der vor der geöffneten Autotür steht und uns anlächelt.
"Wenn ich umkippe, fängst du mich auf, ja?" atme ich tief durch und sehe Jackie an.
"Och, ich kenn da jemanden, der dich viel besser auffangen kann", grinst sie mich frech an und hakt sich bei mir unter. Also bin ich nun gezwungen ihr zu folgen.
"Hey", sieht Alex uns an.
"Hey", antworte ich. Naja, ich atme noch. Ich lebe noch. Alles gut, oder?
"Sitzt du hinten bei Mike?" sieht Alex seine Schwester fragend an.
"Du hast Mike mit?" Jackie sieht ihren Bruder nicht gerade glücklich an.
"Er wollte nochmal mit dir reden", zuckt Alex mit den Schultern.
"Ich hasse dich dafür, weißt du das?" sieht Jackie ihn an, doch dann steigt sie hinten ein.
Allein. Ich bin mit Alex allein.
Geht das mit dem Atmen noch?

"Darf ich bitten?" hält Alex mir die Beifahrertür auf.
Ich? Sitzen? Neben ihm? Auf so engem Raum? Okay, Kate, tief durchatmen. Lächeln. Nein, ein richtiges Lächeln. Gut so. Und jetzt laufen. Ja, einen Fuß vor den anderen. Und atmen. Schön weiter atmen. Und jetzt setz dich. Bevor die Knie nachgeben!
"Danke", flüstere ich völlig atemlos, als wäre ich gerade einen Hundert-Meter-Lauf gerannt.
Alex grinst und macht die Tür zu. Dann geht er vor dem Auto entlang auf die Fahrerseite und steigt ein. Und sieht sich nach hinten um.
"Lebt ihr zwei noch?" fragt er grinsend.
"Ja, noch hab ich ihm die Augen nicht ausgekratzt", höre ich Jackie sagen.
Neugierig drehe ich mich auch um. Da sitzt Jackie. Und neben ihr ein mir unbekannter Mann.
"Hi, ich bin Mike", reicht er mir seine Hand.
"Hi", ziehe ich meine jedoch schnell wieder zurück.
"Und jetzt fahr endlich", zischt Jackie ihrem Bruder zu. "Ich brauch was zu trinken."

"Ich bin mir sicher, du erträgst mich auch so", zieht Mike sie auf.
"Das glaubst aber auch nur du", entgegnet Jackie und sieht demonstrativ aus dem Fenster.
Alex lacht leise auf und startet den Wagen. Bevor er losfährt, sieht er mich an.
"Ich wette, bevor wir angekommen sind, liegen Jackies Lippen auf seinen", sagt er.
"Was?" Wovon bitte redet er?
"Halt die Klappe, Alex", zischt Jackie. "Jetzt fahr endlich!"
Ich muss dringend mit Jackie reden, was es mit Mike auf sich hat. Ist er ihr Ex? Oder ist sie noch mit ihm zusammen? Was für eine Beziehung haben die zwei miteinander?
Doch Alex sollte Recht behalten. Und seine Wette gewinnen. Nur wenig später höre leise Küss-Geräusche von hinten. Und als ich mich vorsichtig umdrehe, sehe ich wie Jackie und Mike sich küssen.
Na toll. Wozu bin ich eigentlich hier?

"Was habe ich gesagt?" grinst Alex mich kurz an und konzentriert sich dann wieder auf die Straße.
"Gut, dass ich nicht gewettet habe", sage ich zu ihm und sehe mir die Gegend an.
"Ja, schade", sagt Alex wie zu sich selbst.
"Wieso?" sehe ich ihn fragend an.
"Naja, wir hatten den Wetteinsatz noch nicht bestimmt", lacht er heiser auf.
Und das ist ein Lachen, bei dem es mir heiß und kalt gleichzeitig den Rücken herunter läuft. Wieso tut er das? Ich glaube, er weiß schon, welche Wirkung er auf Frauen hat, oder? Ja, doch, ich glaube schon. Nur weiß er nicht, dass ich dagegen immun bin.
Naja, oder allergisch.

13. In der Bar
"Wir sind da", parkt Alex wenig später das Auto und dreht sich um. "Also entweder sucht ihr zwei euch ein Zimmer, oder ihr steigt mit aus. In meinem Auto bringt ihr das jetzt hier jedenfalls nicht zu Ende!"
Jackie steckt ihrem Bruder ihre Zunge heraus und steigt aus.
Und ich folge ihr.
"Hey, warte", halte ich sie am Arm fest. "Du hättest mir sagen können, dass du... naja, nicht allein... ich..."
"Mike wird mich gleich nicht mehr beachten", sieht Jackie mich an. "Er und Alex werden gleich mit den anderen Jungs an der Bar verschwinden. Und dann quatschen die wieder über ihre Männersachen." Das letzte Wort setzt Jackie mit ihren Fingern in Anführungszeichen.
Ich muss lachen. "Aha", mache ich.
"Und du wirst schön mit mir auf die Tanzfläche gehen", hakt Jackie sich bei mir unter und ich muss nun wohl oder übel mitgehen.

Und es ist, wie Jackie gesagt hat. Kaum sind wir in der Bar angekommen, verschwinden Alex und Mike in Richtung der Bar. Jackie geht hinterher und bestellt beim Barkeeper zwei Mixgetränke. Davon drückt sie mir eins in die Hand.
"Auf einen tollen Abend", prostet sie mir zu und trinkt einen großen Schluck.
Ich nippe nur an dem Getränk. Lecker. Aber sehr viel Alkohol. Und das bin ich gar nicht gewöhnt. Also nehme ich nur ein paar kleine Schlucke, während Jackie ihr Glas schon bald leer hat.
"Noch eins?" fragt sie mich.
"Nein", deute ich auf mein halbvolles Glas.
"Ich nehm noch einen", winkt sie den Mann hinterm Tresen schon zu sich heran.
Jackie lässt ihren Blick durch den Raum schweifen.
"Naja, niemand wirklich da heute", bemerkt sie dann.
"Wen hast du denn erwartet?" will ich wissen.

"Och, eigentlich niemanden", zuckt Jackie mit den Schultern und sieht in die Richtung, in der Alex mit ein paar Männern steht.
"Was ist mit dir und Mike?" will ich wissen.
Jackie sieht mich an und nippt nun an ihrem zweiten Cocktail.
"Mike und ich hatten mal was miteinander", antwortet sie mir dann. "Naja, eigentlich haben wir immer etwas miteinander, wenn ich bei Alex zu Besuch bin." Sie grinst.
"Und etwas Festes willst du nicht?" hake ich nach.
"Ich weiß nicht", meint sie. "Wir leben in zwei völlig verschiedenen Welten. Ich bin Sportlerin und er? Banker. Pfff! Eine Couchpotato. Also wie soll das denn funktionieren? Außerdem leben wir Tausende von Kilometern voneinander entfernt."
"Und du vermisst ihn nicht, wenn du wieder zu Hause bist?" Mein Glas ist inzwischen auch fast leer. Und ich spüre nun langsam den Alkohol in meinem Körper. Mir wird warm. Naja, eigentlich habe ich eher das Gefühl, als würde ich langsam aber sicher immer mehr anfangen zu glühen. Wird es eigentlich immer wärmer hier drinnen?

"Ich weiß nicht, ob er mich vermisst", sagt Jackie leise.
"Vielleicht solltest du ihn mal fragen", sage ich.
Sie sieht mich an. "Ja, vielleicht sollte ich das mal tun." Und trinkt ihr zweites Glas ebenfalls leer. "Los, jetzt gehen wir tanzen!"
Und bevor ich etwas sagen oder überhaupt nur protestieren kann, hat Jackie mich schon wieder mit sich gezogen und ich stehe mitten umringt von Menschen.
Fremden Menschen. Jackie fängt gleich an zu tanzen. Stört sie das denn gar nicht, dass hier so viele Unbekannte sind? Naja, früher hat mich das auch nicht gestört. Aber jetzt? Jeder könnte es sein. Der, den Emilio losgeschickt hat mich zu suchen.
Aber wird er das überhaupt? Vielleicht hat er inzwischen längst aufgegeben. Und ein anderes... ja, ich muss es wohl so nennen: ein anderes Opfer gefunden. Aber kenne ich dafür Emilio nicht viel zu gut? Würde dieser Emilio denn je aufgeben?

"Hey, tanzen!" holt mich Jackie aus meinen Gedanken. Sie lächelt mich an.
Und ja, endlich fange auch ich an mich zu bewegen. Wow! Ich hatte längst vergessen, wie viel Spaß das eigentlich macht. Auszugehen. Zu tanzen. Frei zu sein.
Ich weiß nicht, ob es die neu gewonnene Freiheit ist. Oder doch der Alkohol. Aber ich fühle mich besser. Lebendiger. Und mir wird immer wärmer. Doch als mich ein Mann versucht anzutanzen, halte ich für eine unmerkbare Sekunde inne. Doch er scheint nichts anderes zu wollen, als mit mir zu tanzen. Also lasse ich es zu, dass er sich mit mir im selben Takt bewegt. Und achte darauf, dass er mir nicht zu nahe kommt. Ein paar Millimeter Abstand müssen bleiben.
Ich sehe auf - und mein Blick trifft Alex´. Wieso sieht er mich an? Sieht er überhaupt mich an? Ja, muss er wohl. Da er jetzt lächelt. Unauffällig sehe ich kurz um mich herum. Vielleicht meint er ja auch gar nicht mich.
Doch, tut er. Also lächle ich zurück.
Und genau in diesem Moment passiert es. Der Mann, mit dem ich tanze, legt seine Hand auf meine Hüfte. Und ich erstarre...


14. Late at night
Seine Hände liegen auf meiner Hüfte - und in dem Moment ist alles wieder da. Alle Erlebnisse schießen in wenigen Millisekunden durch mein Gehirn. Ich bin nicht einmal fähig ihn von mir zu schieben, denn dann müsste ich ihn ja berühren.
"Take your hands off", höre ich plötzlich eine Stimme neben mir.
"Sorry man, I didn´t know she´s with you", sagt der Tänzer - und dann sind seine Hände fort. Und er ebenfalls.
Ich schnappe nach Luft. Es ist, als hätte etwas meine Lunge zusammen gedrückt - und jetzt kann ich endlich wieder atmen. Fühlt man sich so kurz vor dem Ertrinken?
"Hey, Kate!" höre ich Jackie fragen. Ihre Hand nähert sich mir. Doch ich zucke zurück. Denn im ersten Moment weiß ich nicht genau, wo ich eigentlich bin.
Nein, ich bin nicht bei Emilio. Ich bin in Sicherheit. Frei.
Und ich muss jetzt einen Moment allein sein.

"I´ll be... right back", rufe ich Jackie zu und verschwinde von der Tanzfläche. Doch wohin? Nach draußen? Nachts? Allein? Nein, keine gute Idee.
Die Damentoilette. Ja, dort könnte ich ein paar Minuten für mich haben. Um mich zu beruhigen. Und mich zu fragen, warum ich so reagiere. Jackie muss mich inzwischen für völlig plemplem halten. Und von allen anderen (sprich: Alex) will ich gar nicht erst reden...
Nach ein paar Minuten kann ich wieder normal atmen. Mein Herz schlägt im normalen Takt. Wieso habe ich eigentlich so reagiert? Es war doch nichts Tragisches. Der Mann wollte doch nur tanzen. Das macht man doch so. Jeder macht das so.
Nur ich nicht. Weil ich nicht jeder bin. So einfach ist das. Ich war es einmal. Aber ich bin es nicht mehr.

Nach weiteren zehn Minuten bin ich bereit wieder zurück zu gehen. Ich hoffe nur, dass Jackie noch da ist. Und ich nicht alleine nach Hause kommen muss.
Ich öffne die Tür - und sehe in zwei blaue Augen. Ja, im Moment sind sie blau.
"Alex?" sehe ich ihn verwundert an.
"Ist alles okay bei dir?" stößt er sich von der Wand ab und kommt zwei Schritte auf mich zu.
Eigenartigerweise passiert gar nichts. Ich kann atmen. Mein Herz schlägt im Takt. Meine Knie... naja gut, die zittern ein wenig. Aber sonst? Was ist? Wo ist meine Allergie hin?
"Es geht schon", antworte ich. Ja, meine Stimme funktioniert auch.
"Da bist du ja", kommt nun auch seine Schwester zu mir. "Was war denn los?"
"Ich denke, gar nichts", antworte ich ihr. "Ich... ich habe wohl einfach... überreagiert?"
"Überreagiert?" Jackie sieht mich an. "Wenn ich deinen Ex in die Finger kriege...", brummt sie dann.
Ich reiße erschrocken meine Augen auf. Was? Wovon redet sie?
"Besser nicht", rutscht mir heraus.

"Ich brauche jetzt noch was zu trinken", sagt Jackie. "Kommst du mit?"
Ich nicke.
Als ich ihr folgen will, hält Alex mich am Arm fest. Ich sehe ihn an.
"Ich passe auf dich auf, wenn du willst", bietet er mir leise an.
Aufpassen? Auf mich? Ich kann mich gut daran erinnern, wie es geendet hat, als jemand auf mich aufgepasst hat. Christian. Und ich würde es nicht ertragen, wenn noch jemand für mich sterben würde. Vor allem nicht Alex.
"Hey, ich meine das ernst", sieht Alex mich an.
"Aber nur heute Abend", höre ich mich sagen. Was? Bin ich verrückt?
"Okay", lächelt Alex, dann schiebt er mich vor sich her zurück zu Jackie.
Die hat inzwischen zwei neue Cocktails bestellt.
"Hier", schiebt sie mir eins zu. Alex geht zurück zu seinen Freunden.
Irgendwann grinst Jackie mich an. "Mein Bruder scheint dich zu mögen", sagt sie. "Er schaut dauernd rüber."
"So ein Quatsch", sage ich zu ihr. Diese ganze Situation ist einfach nur nervig. Ich möchte mich entspannen. Den Abend genießen. Aber immer wieder stehe ich mir selber im Weg. Das muss endlich aufhören!

"Was ist? Lust nochmal tanzen zu gehen?" fragt Jackie nach einer Weile.
Ich habe nichts mehr gesagt, weil ich bemerkt habe, dass sie und Mike sich ansehen. Ich glaube, da ist mehr zwischen beiden, als sie zugeben wollen.
"Okay", nicke ich. Ich habe zwar erst die Hälfte ausgetrunken, aber ich glaube das reicht mir. Ich spüre jetzt schon den dünnen Schweißfilm, der sich auf meiner Haut gebildet hat. Ich vertrage einfach nichts. Sollte es wohl besser lassen.
Aber irgendwie scheint der Alkohol mich lockerer zu machen. Es stört mich nicht mehr, dass die Tanzfläche nun noch voller geworden ist. Und dass ich mit Fremden tanze. Ich habe einfach nur Spaß. Mit Jackie.
Und als wir gegen drei Uhr morgens nach Hause fahren, habe ich zwei weitere Cocktails in mir und bin ziemlich müde. Jackie ist an Mikes Schulter auf dem Rücksitz eingenickt.
"Ist es okay, wenn ich die zwei erstmal nach Hause fahre?" sieht Alex mich fragend an.
"Mach, wie du denkst", antworte ich ihm nur.
"Mike bleibt heute Nacht eh bei mir", sagt Alex und lädt beide an einem kleinen Haus in der Nähe des Strandes ab. Jedoch ein ganzes Stück weit von meiner Wohnung entfernt.

"Ich kann mir auch ein Taxi rufen", biete ich ihm an. "Dann musst du nicht nochmal durch die halbe Stadt."
"Blödsinn, ich hab dich abgeholt, also schaffe ich dich auch wieder nach Hause", sagt er und lässt den Motor wieder an.
"Bin bald zurück", ruft Alex noch Mike zu, der mit der torkelnden Jackie zur Haustür geht.
"Jackie gehts doch gut, oder?" frage ich.
"Ja, Mike kümmert sich schon um sie", antwortet Alex. "Wenn die zwei nicht so unglaublich stur wären, wären sie sicher schon verheiratet und hätten einen Haufen Kinder!"
Ich sehe ihn an. Dann hat mich mein Gefühl doch nicht getäuscht. Jackie und Mike empfinden mehr füreinander. Sie sollten wirklich mal miteinander reden.
Aber das geht mich ja alles nichts an.

15. Danke fürs Nach-Hause-Bringen
"Was war denn los auf der Tanzfläche?" will Alex nach einer Weile wissen.
"Nichts", sehe ich stur weiter aus dem Fenster. Und natürlich bemerke ich den Seitenblick, den er mir zuwirft. Aber was soll ich denn sonst antworten?
Und ich bin froh, dass Alex nicht weiter darauf herum bohrt. Wobei das nun folgende Schweigen auch nicht besser ist. Irgendwie finde ich das sogar noch erdrückender.
Umso mehr erleichtert bin ich, dass wir in eine bekanntere Umgebung kommen und schließlich in meine Straße einbiegen.
"Danke fürs Nach-Hause-Bringen", sage ich schnell zu Alex und will aussteigen.
"Warte, ich bring dich noch bis zur Tür", steigt er ebenfalls aus.
"Ich hätte das auch alleine geschafft", sage ich, als er vor mir steht.
"Ich weiß", grinst er. Doch dann legt er einen Hand auf meinen Rücken und geht neben mir her.
"Danke also nochmal fürs Nach-Hause-Bringen", wiederhole ich mich eine Minute später.
Doch die frische Luft verlangt mir gerade einiges ab und ich schwanke kurz. Nein, beim nächsten Mal definitiv nicht mehr so viele Cocktails. Beim nächsten Mal?

Doch weiter komme ich mit meinen Gedanken nicht, denn Alex legt seine Arme um mich und hält mich fest.
"Geht´s?" fragt er besorgt.
"Ja, entschuldige", sehe ich verlegen zu Boden. So kenne ich mich nicht.
"Du musst dich nicht entschuldigen", sagt er leise und streicht eine vorwitzige Haarsträhne aus meinem Gesicht.
Und ich sehe ihn wieder an.
Interessant. Jetzt sind seine Augen fast ganz dunkel. Wieso kann dieser Mann so etwas? Immer wieder die Farbe seiner Augen verändern. So etwas habe ich noch bei niemandem gesehen.
"Kate?" höre ich ihn fragen.
"Mmh?" Hat er etwas gesagt?
"Ich habe gefragt, ob du deinen Schlüssel in deiner Handtasche hast", sieht er mich an.
Schlüssel? Handtasche? Oh, ja! Super, meine Wangen werden warm - und ich kann nur hoffen, dass die Nacht dunkel genug ist, dass er das nicht sieht.

Ich greife mit zitternden Händen in die Handtasche und suche nach dem Schlüssel. Doch er ist nicht da. Er ist nicht da! Oh mein Gott! Wieso ist mein Schlüssel nicht da?
"Kate, was ist los?" will Alex wissen.
"Ich finde den Schlüssel nicht", sage ich nervös. Und krame weiter.
"Gib mal her", nimmt Alex mir die Tasche aus der Hand. "Und du hast ihn ganz sicher eingepackt?"
Habe ich das? Ich weiß es nicht mehr. Nein, ich kann mich wirklich nicht daran erinnern. Aber doch, normalerweise schon. Ich gehe doch nie ohne meinen Schlüssel aus dem Haus!
"Hier ist er doch", hält Alex einen kleinen silbernen Schlüssel in seiner Hand.
"Danke", bin ich total erleichtert und nehme den Schlüssel wieder an mich.
"Glaubst du, du schaffst es bin nach oben?" sieht Alex mich ziemlich amüsiert an.
"Ja, ich denke schon", nicke ich. "Du kannst beruhigt fahren."
"Meinst du?" hakt er nach, als ich vergeblich versuche den Schlüssel ins Schloss zu stecken.

Das ist nicht witzig! Wieso rutscht dieses blöde Schloss immer wieder nach rechts oder links, wenn ich genau ziele? Aber es klappt nicht. Habe ich wirklich so viel getrunken, dass ich es nicht mehr schaffe, in meine Wohnung zu kommen? Dabei fühle ich mich doch ganz okay. Wenn man bedenkt, wer da hier neben mir steht und ich noch ganz ruhig atme. Also kann doch der Alkohol gar nicht mehr wirken, oder?
"Gib mal her", spüre ich Alex´ Finger plötzlich auf meinen. Er schließt die Tür auf.
"Danke", sage ich leise.
"Wo ist deine Wohnung?" will er wissen.
"Die Treppe rauf und dann links", antworte ich ihm.
"Okay", schiebt er mich in den Hausflur und schließt die Tür hinter sich.
Treppe. Ja, da war ja noch was. Stufen. Wieso sind die heute so viele? Und so schwer zu gehen? Ob das an den Schuhen liegt? Ich halte an und versuche die Schuhe auszuziehen. Vielleicht geht es dann ja einfacher.
Aber das ist eine ziemlich blöde Idee.

Denn nun stehe ich auf einem Bein - und mein Gleichgewichtssinn hat wohl schon beschlossen, sich aufs Ohr zu legen. Denn da funktioniert nichts mehr. Ich schwanke leicht - und wäre sicher rückwärts hinunter gefallen. Wenn da nicht Alex stehen würde und mich festhält.
"Kate?" sieht er mich fragend an.
"Diese Schuhe", murmle ich und halte mich an ihm fest.
"Ich weiß was Besseres", sagt er. Und ehe ich überhaupt reagieren kann, hat er seine Arme um mich gelegt - und mich hoch gehoben. Ich schlucke nervös, als ich ihm nun so nahe bin.
"Denkst du, es geht so besser?" fragt er mich. Und seine Stimme klingt merkwürdig heiser.
"Für mich schon", grinse ich ihn an. Immerhin muss ich ja nun nicht mehr die Treppen hoch laufen.
Und dann versinke ich für einige Sekunden in seinen Augen. Die inzwischen schon wieder dieses unglaubliche Blau haben.
Ich lege meine Arme um seinen Hals und halte mich fest. Und wundere mich, wie leicht Alex doch mit mir in seinen Armen die Treppen hinauf geht. Dann stehen wir vor meiner Tür. Und Alex stellt mich wieder auf meine Füße.

Gut, dass hinter mir eine Wand ist, an die ich mich lehnen kann.
"Darf ich?" deutet Alex auf den Schlüssel in seiner Hand und auf meine Tür.
Ich zucke mit den Schultern. Klar, ich kann es ja auch versuchen. Das ging ja unten an der Haustür gerade auch nahezu perfekt.
Alex schließt auf und sieht mich an.
"Gute Nacht, Kate", sagt er leise und wartet darauf, dass ich in meine Wohnung gehe.
Aber irgendwie ist das gerade nicht möglich. Irgendwie fühle ich mich wie festgeklebt. An der Wand. Ich habe Angst, dass mich meine Füße nicht tragen, wenn ich hier weggehe. Und ich werde garantiert nicht vor ihm auf die Knie gehen.
"Gute Nacht, Alex", sage ich ebenso leise. Und warte darauf, dass er geht.
"Kate?" fragt er mich dann.
"Mmh?" Sind seine Augen jetzt grün?
"Willst du nicht reingehen?" Er hält mir seine Hand entgegen.
"Gleich", sage ich. Aber ich glaube, jetzt sollte ich doch schneller sein als ich eben noch dachte. Denn mir wird auf einmal hundeübelelend. Ich muss dringend in mein Badezimmer.

Und siehe da! Meine Füße tragen mich. Doch das ist nur nebensächlich. Denn mir ist wirklich schlecht. Wieso passiert das jetzt? Nie wieder! Ich trinke nie wieder auch nur einen Schluck Alkohol!
Das ist es, was mir durch den Kopf geht, als ich mich über die Toilette beuge.
Vielleicht hätte ich heute auch etwas mehr essen sollen, ist der nächste Gedanke. Doch für solche Vorwürfe ist es jetzt zu spät. Gott, ist mir schlecht! Hoffentlich werden die Sachen von Jackie nicht schmutzig!
Relativ umständlich versuche ich mich aus dem Shirt zu befreien und hänge es über den Handtuchhalter, bevor ich mich erneut übergebe. Warum ich? Warum heute? Nein, nie wieder Alkohol!
Plötzlich spüre ich Hände an meinen Haaren, die zusammen genommen und nach hinten gehalten werden. Im nächsten Moment erwarte ich, dass sich diese Hände um meinen Hals legen. Schlimmer kann ja der Abend schon nicht mehr werden. Doch nichts passiert. Und ich drehe den Kopf zur Seite.
"Alex?" frage ich überrascht. Was macht er denn noch hier?


16. Guten Morgen!
Als ich meine Augen aufschlage, ist es Morgen. Oder Mittag? Egal, die Sonne scheint. Und es ist eindeutig zu hell. Viel zu hell. Wo bin ich überhaupt?
Ja, das ist mein Bett. Meine Wohnung. Ich bin zu Hause. Wie bin ich hierher gekommen?
Stöhnend hebe ich die Hand zu meiner Stirn. Die fühlt sich irgendwie total warm an. Und trotzdem ist mir kalt. Was ist denn gestern Abend nur passiert? Ich erinnere mich an Jackie. Und Mike. Und die Bar. Das Tanzen. Ja, das Tanzen war gut.
Und dann war da der Alkohol. Ich stöhne wieder auf. Ja, ich werde nie wieder auch nur einen Tropfen anrühren! Jedenfalls nicht in dieser Menge.
Nur wie ging der Abend weiter? An Teile erinnere ich mich noch. Bruchstücke. Alex hat mich nach Hause gebracht. Aber wie bin ich in meiner Wohnung gelandet? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich die Treppe nach oben gelaufen bin. Aber vor meiner Wohnung habe ich gestanden. Irgendwie fehlt mir ein ganzes Stück.

Darüber kann ich auch noch später nachdenken. Wenn ich noch etwas geschlafen habe. Ich drehe mich auf die Seite und kuschle mich ein. Ja, hier ist es schön warm. Mir ist immer noch eiskalt. Und meine Decke reicht heute nicht wirklich zum Wärmen aus. Aber hier neben mir ist es schön warm. Ich ziehe mein Bein an - und lege es auf das andere.
Und schrecke hoch. Welches andere Bein? Wessen Bein?
Ich liege NICHT allein in meinem Bett?
Was geht hier vor sich?
Und dann sehe ich sein Gesicht. Die Augen sind geschlossen. Um den Mund herum erkenne ich ein kleines Lächeln. Was macht Alex in meinem Bett? Und wieso schläft er so seelenruhig?
Und wieso kann ich immer noch atmen?
Verdammt, was ist gestern Nacht noch passiert? Habe ich... haben wir...??? Nein, wir haben nicht! Oder? Schnell sehe ich an mir herunter. Wieso trage ich nur Unterwäsche?
Naja, immerhin habe ich noch welche an.

Alex ist noch völlig angezogen. Er liegt angezogen in meinem Bett - und schläft seelenruhig. Sollte ich ihn nicht wecken und aus meiner Wohnung werfen?
Ich glaube, mein Verstand arbeitet noch nicht richtig. Denn das hier bin nicht ich. Mir ist einfach kalt. Und so schlecht ist es auch nicht, neben ihm zu liegen. Ich habe irgendwie auch nicht das Gefühl, als würde er mir etwas tun. Da ist kein Bauchgrummeln wie damals bei Emilio, das ich jedes Mal hatte, wenn wir uns gesehen haben. Und das ich ignoriert habe, bis es zu spät war.
Dieses Mal gibt mein Bauch gar nichts von sich. Und mein Kopf auch nicht.
Und außerdem bin ich müde. Und ziemlich fertig. Und mir ist kalt. Ja, immer noch. Ich kuschle mich wieder in Alex´ Arm, in dem ich gerade gelegen habe. Und lege meinen Arm um seinen Oberkörper. Dann schließe ich die Augen. Ja, das fühlt sich gut an...


***
Das nächste Mal werde ich durch ein Klingeln geweckt. Was zur Hölle ist das? Das ist ja furchtbar! Und so laut!!! Wieso bewegt sich mein Bett?
Oh, das ist gar nicht mein Bett. Alex setzt sich leise stöhnend auf, dann höre ich ihn reden.
"Ja, es geht mir gut", murmelt er in sein Handy. Aha. Das war dann wohl dieses furchtbare Geräusch von eben. "Ja, ich bin noch unterwegs... Das geht dich nichts an, Schwesterchen... Nein, ihr zwei könnt schon mal frühstücken... Was? Ja, kann ich machen... Weiß ich noch nicht... Ja, bis später.... Nein, ich bring sie nicht... Jackie!" Und dann legt er auf.
Und sieht zu mir.
"Sorry, wenn ich dich geweckt habe", entschuldigt er sich.
"Wieso bist du hier?" setze ich mich auf und ziehe die Decke bis zu meinen Schultern hoch.
"Du erinnerst dich nicht an letzte Nacht?" will er wissen.
"Nicht direkt", gebe ich zu.
"Du bist nicht alleine die Treppe hoch gekommen", erzählt Alex mir.
Ja, ich glaube, jetzt fällt mir der fehlende Teil wieder ein. Oh mein Gott! Er hat mich die Treppen hoch getragen??? Ich sehe ihn mit großen Augen an.

"Du erinnerst dich also", grinst er jetzt. Ich nicke nur.
Und ich glaube, jetzt fällt mir der Rest ein. Ich stand vor der Wohnungstür. Er hat aufgeschlossen. Seine Augen haben immer wieder die Farbe gewechselt. Ja, daran erinnere ich mich noch ganz gut. Und dann... dann ist mir schlecht geworden. Ja, ich war im Badezimmer.
"Du bist echt da geblieben?" rutscht es mir beschämend heraus. Gott, wie peinlich!
"Jemand musste sich ja um dich kümmern", meint Alex und sieht mich weiter an. "Du hast relativ unregelmäßig geatmet, deshalb bin ich hier geblieben. Und bin wohl auch irgendwann eingeschlafen."
"Danke", sage ich leise.
"Gern geschehen", sagt er und steht auf. "Ich sollte jetzt gehen. Jackie war das eben am Telefon. Sie wartet mit dem Frühstück." Er macht eine Pause. "Und eigentlich soll ich dich mitbringen."
"Eigentlich?" will ich wissen.
"Naja, ich weiß nicht, ob dir nach Gesellschaft ist", meint Alex.

Eigentlich würde ich schon gern mit zu Jackie fahren. Und mit ihr über den Abend reden.
"Wenn du noch ein wenig Zeit hast zum Warten", sage ich leise. "Ich würde gern noch duschen, bevor ich rausgehe." Ich sehe ihn an. "Aber ich kann auch nachkommen", sage ich sofort.
"Nein, ich warte schon", sagt Alex.
"Ich beeile mich", sage ich und verschwinde im Badezimmer. Lasse aber das Betttuch fest um meinen Körper gewickelt. Die heiße Dusche tut wahre Wunder. Danach fühle ich mich viel besser. Blöd nur, dass ich vergessen habe mir Sachen mit ins Bad zu nehmen. Gut, dass mein Handtuch so groß ist.
"Alex?" stecke ich meinen Kopf durch die Tür. Er steht am Fenster und dreht sich zu mir um.
"Würde es dir was ausmachen draußen zu warten? Ich würde mich gern anziehen", sehe ich ihn fragend an.
"Ähm, klar", nickt er und greift nach seiner Jacke. "Ich warte dann im Auto."
"Danke", kann ich gerade noch sagen, dann ist er schon aus der Tür.

 

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